Weltmissionsmonat Oktober - Vorstellung eines Steyler Missionars

Deutschland

31. Okt 2024

Pater Duc Vinh Peter Nguyen SVD war 15 Jahre alt, als er als Bootsflüchtling nach Deutschland kam.

Pater Duc Vinh Peter Nguyen SVD bei seinem Besuch in Sankt Augustin im August 2024. (Foto: SVD)
Pater Duc Vinh Peter Nguyen SVD bei seinem Besuch in Sankt Augustin im August 2024. (Foto: SVD)

Als Pater Vinh mit 15 Jahren als Bootsflüchtling aus Vietnam nach Deutschland kam, war das für ihn ein mutiger Schritt ins Ungewisse – an Bord des Rettungsschiffs Cap Anamur. Zuvor hatte er sieben Monate in einem Flüchtlingslager auf den Philippinen verbracht, wo er die Schrecken der Flucht und die Unsicherheit über die Zukunft hautnah erlebte.

In Deutschland fand Pater Vinh 1981 zunächst Zuflucht im Saarland, in einem Caritasheim, wo er die deutsche Sprache erlernte. Dort begegnete er zwei Jahre später einer Vietnamesin, die ihren Sohn nach St. Wendel, in das Arnold-Janssen-Gymnasium der Steyler Missionare, schicken wollte: „Sie fragte mich, ob ich nicht auch dorthin gehen möchte“, erinnert er sich. Trotz der Tatsache, dass er keine Fremdsprachen konnte, entschied er sich, die Herausforderung anzunehmen und besuchte die Steyler Schule. Nach fünf Jahren harter Arbeit und Hingabe schloss er mit dem Abitur ab, trat in den Orden der Steyler Missionare ein und begann sein Noviziat. Sein Studium setzte er in Sankt Augustin fort, wo er auch seine Gelübde ablegte. 1996 wurde er zum Priester geweiht.

Seine erste Stelle führte ihn nach Dresden, wo er als Kaplan arbeitete. Diese Zeit war geprägt von Herausforderungen, besonders durch die vietnamesischen Vertragsarbeiter in der ehemaligen DDR. Hier gab es Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen, die um Verkaufsplätze für illegale Zigaretten stritten.

Seelsorge für den Feind?

Pater Vinh übernahm die Gefängnisseelsorge für Vietnamesen im Bistum Sachsen – darunter viele Landsleute aus dem Norden. „Das war für mich persönlich und spirituell eine große Herausforderung, aber auch Erfahrung“, erzählt er während seines Besuchs in Sankt Augustin. Viele der Gefangenen waren auf der Flucht festgenommen worden. „Ich dagegen hatte ja Glück gehabt und war nicht geschnappt worden.“ Die Flucht aus Vietnam galt damals als Landesverrat. Viele Menschen verloren ihr Leben auf dem Meer oder wurden erschossen.

Ein prägendes Erlebnis war die Begegnung mit einem Grenzoffizier aus Vietnam, der ihn damals hätte erschießen können. „An dem Punkt fing ich an über Feindesliebe nachzudenken.“ Trotz der Schwierigkeiten, die er erlebte, arbeitete Pater Vinh stets mit Liebe und unermüdlichem Einsatz in der Seelsorge. „Hier in Deutschland erwartet man, dass jedes Vorgehen reflektiert wird“, schmunzelt er. „Das ist ein typisch deutsches und westeuropäisches Phänomen. Ich aber habe einfach gehandelt und nicht nachgedacht.“ Diese Herangehensweise half ihm, eine Verbindung zu den Menschen aufzubauen, die oft in verzweifelten Situationen lebten.

Pater Vinh war für zehn Gefängnisse zuständig, was ihn nach einiger Zeit an seine Grenzen brachte. „Nach fünf Jahren war ich ausgebrannt, müde und erschöpft. Ich konnte nicht mehr und fühlte mich wie eine leere Batterie.“ Um mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen, studierte er daraufhin Pastoralpsychologie. Das half ihm, seine Vergangenheit zu verarbeiten.

Pater Duc Vinh Peter Nguyen SVD (l.) mit P. Joseph Xavier Alangaram SVD (r.) im April 2024 in Vietnam. (Foto: SVD)
Pater Duc Vinh Peter Nguyen SVD (l.) mit P. Joseph Xavier Alangaram SVD (r.) im April 2024 in Vietnam. (Foto: SVD)

In der Fremde zuhause und in der Heimat fremd?

Seit 2009 ist P. Vinh wieder zurück in seiner Heimat Vietnam. Dort kümmert er sich gemeinsam mit einem Mitbruder in einer neuen Steyler Provinz um Vietnamesen, die als Flüchtlinge aus Kambodscha zurückgekehrt sind.
„Nach fast 30 Jahren in Deutschland fühle ich mich nicht zuhause“, fügt P. Vinh hinzu.

„Ich sehe die Kulturunterschiede, die verschiedenen
Formen des Denkens 
und das werden immer
schwierige Punkte bleiben. Ich bin jetzt eher
ein ‚Tourist‘, ein ‚Wandelnder‘ 
zwischen den
Kulturen. Das ist wohl das 
Schicksal
eines jeden Missionars."

Die Geschichte von Pater Vinh ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Kraft des Glaubens und die Bedeutung von Mitgefühl in schwierigen Zeiten. Sie zeigt, wie wichtig es ist, den Ordensnachwuchs zu fördern und Menschen wie ihn zu unterstützen, die bereit sind, ihr Leben für andere einzusetzen. In einer Zeit, in der die gesellschaftspolitische Situation in Deutschland herausfordernd ist, erinnert uns Pater Vinh daran, dass gelingende Migration und Integration möglich sind, wenn wir uns mit Liebe und Offenheit begegnen.

Interview: Alexandra Winand
Text: Melanie Pies-Kalkum

Infokasten:

Die Flucht vieler Vietnamesen in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren war eine direkte Folge des Vietnamkriegs, der von 1955 bis 1975 dauerte. Nach dem Ende des Krieges und der Wiedervereinigung Vietnams unter kommunistischer Herrschaft erlebte das Land eine Zeit der politischen Repression, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und sozialer Unruhen. Viele Menschen, insbesondere ehemalige Soldaten der südvietnamesischen Armee, Intellektuelle und Angehörige ethnischer Minderheiten, sahen sich Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. Die wirtschaftlichen Bedingungen waren katastrophal, und viele Vietnamesen litten unter Hunger und Armut. Diese Umstände führten dazu, dass Tausende von Menschen, oft unter Lebensgefahr, versuchten, das Land auf See zu verlassen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben in anderen Ländern.

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