Kongo
04. Jul 2022
55 Jahre hat P. Alfons Müller SVD als Missionar im Kongo verbracht. Nun ist er zurück.
P. Müller, erzählen Sie uns von den Anfängen Ihrer Mission im Kongo:
Nach der Priesterweihe wollte ich unbedingt in die Mission gehen, entweder nach Papua-Neuguinea oder in den Kongo. Mich schickte der Orden in den Kongo. Nach einem Jahr praktischer, pastoraler Erfahrung und einem Rhetorikkurs in der französischen Sprache fuhr ich mit dem Schiff namens „Fabiola“ von Antwerpen in den Kongo. Die ersten Aufgaben, die mir anvertraut wurden, waren zunächst Unterricht in der Schule und praktische Tätigkeit im Busch bei den Menschen, wo ich dann auch die Kikongo-Sprache gelernt habe.
Wie war Ihr Missionsverständnis damals?
Als ich die ersten Kontakte zu den Kongolesen geknüpft hatte, dachte ich natürlich, ich bin gekommen, weil die Menschen mich brauchen. Aber mir wurde schnell klar, dass die Menschen mich nicht gerufen hatten. Also musste ich mein Missionsverständnis komplett umkrempeln. Zunächst habe ich versucht, die Sprache zu lernen und mich auch mit der Kultur vertraut zu machen. Mit den Christen in verschiedenen Dörfern kamen wir überein, die Feier der Liturgie in einer Kapelle zu gestalten, die aber zuerst von ihnen gebaut werden sollte. Sobald sie eine Kirche selbst gebaut hatten, kam ich zu ihnen und feierte dort Gottesdienst.
Ein Fokus Ihrer Arbeit lag immer auf den Themen Medien, Musik und Film. Was haben Sie dazu im Kongo alles erarbeitet?
Schon in der Gymnasialzeit haben wir gelernt, wie Radio- und Tonbandgeräte gebaut werden. Im Noviziat haben wir angefangen, mit einem Tonbandgerät Interviews mit unseren Mitbrüdern aufzunehmen. Dann habe ich auch sehr früh angefangen, Gitarre zu spielen. Diese Begabungen haben mir geholfen, meine Mission zu gestalten und später auch die Aufgabe als Koordinator für Kommunikation im Kongo zu realisieren. Es war damals auch die Zeit des zweiten vatikanischen Konzils. Eine Aussage von Papst Paul VI hat mich besonders beeindruckt: „Ihr selbst seid die Missionare, also findet doch die richtigen Missionsmethoden! Baut nicht so viele Kirchen, dafür mehr Studios, um das Wort Gottes zu verkünden.“ Das hat mir gefallen und so versuchte ich, den Christen in den Pfarreien Lieder beizubringen. Es waren aber europäische Lieder, die wir lange üben mussten. Ihre eigenen Lieder haben sie aber ohne Anstrengung gesungen. Also habe ich ihre Melodien übernommen und religiöse Texte in Kikongo dazu geschrieben und so entstand eine ganze Sammlung von Liedern, die wir in der Liturgie gesungen haben und so entstand auch unser Chor mit dem Namen „Bana Ngayime“.
Was haben Sie dadurch bewirken können?
Die Musik hat die Menschen angezogen. Die Menschen konnten in ihrer eigenen Sprache beten, singen, tanzen und Liturgie feiern. Genau das war auch mein Ziel.
Können Sie Ihre Gefühle beschreiben, nun den Kongo für immer verlassen zu haben?
Ich bin dabei, die Nabelschnur zu trennen. Das geht aber nicht so einfach. Die Nabelschnur besteht aus vielen Fäden. Jeder Faden ist eine Verbindung und jede einzelne Verbindung zu durchtrennen, ist sehr schmerzhaft. Mein Körper ist hier, mein Herz ist weiterhin im Kongo. Ich wollte bis zum Ende meines Lebens dortbleiben. Ich habe mich aber entschieden, zu gehen. Projekte, die ich begonnen habe, müssen sich weiterentwickeln. Jetzt bin ich wieder in Deutschland und muss mich auf die Regeln einstellen, die hier gelten. Das wird sicherlich nicht ganz einfach, aber ich muss mich daran gewöhnen.